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Schutz der Weißstörche im Landkreis Stade
Störche bei der Nahrungssuche im Grünland© H.-J. SchaffhäuserSeit Ende der 1950er Jahre engagiert sich der ehrenamtliche Storchenbetreuer Gert Dahms für den Schutz der Weißstörche im Landkreis Stade. Seine über die Jahrzehnte erhobenen Daten stehen nun digital zur Verfügung.
Die ersten Weißstorchzählungen für den Landkreis gehen auf das Jahr 1907 zurück. Seit den 1960er Jahren werden die Daten zum Storchenbestand jährlich von Gert Dahms erhoben. Dabei erfasst er neben der Anzahl der ausgeflogenen Jungstörche auch die Daten zum Niststandort, Brutverlauf und ggfs. auch zu beringten Störchen. Die aktuellen Brutstandorte sind auf der Übersichtskarte im Geoportal zu finden. Die meisten Storchennester stehen auf Privatgrund.
Tauchen im Landkreis beringte Altstörche auf, werden die Daten von Gert Dahms erfasst und der Beringungsort recherchiert. Zusätzlich sind die Zugrouten unserer Störche anhand von Wiederfunden der im Landkreis Stade beringten Jungstörchen dargestellt. Und auch der Storchenbestand aus dem Jahr 1934 wurde dokumentiert.
Mittlerweile werden die Storchendaten, insbesondere die Storchenhorste von 1970 bis heute, fast deutschlandweit erfasst. Diese sind je nach Bezugsjahr mit der Anzahl der flügge gewordenen Jungvögel auf der Internetseite Storchenerfassung zusammengefasst.
Steckbrief
Systematik
Weißstorch auf einer feuchten Wiese© Rolf DunckerInnerhalb der Systematik der Vögel wird unser heimischer Weißstorch der Ordnung der Schreitvogel (Ciconiiformes), der Familie der Störche (Ciconiidae) und der Gattung der Eigentlichen Störche (Ciconia) zugeordnet.
Weltweit gibt es in der Familie der Störche in sechs Gattungen insgesamt 19 verschiedene Arten.
In Deutschland kommt jedoch neben dem Weißstorch nur noch eine zweite Art vor, der Schwarzstorch (Ciconia nigra).
Kennzeichen
- Stehend etwa 80 Zentimeter hoch,
- 2600 bis 4400 Gramm schwer.
- Flügelspannweite bis zu 2,20 Meter,
- Schnabellänge 14-19 Zentimeter.
Das Gefieder des Weißstorchs ist weiß, nur Schwungfedern und Teile der Oberflügeldecken sind schwarz. Der Schnabel und die langen Beine sind rot gefärbt. Im Flug streckt der Weißstorch seinen Hals gerade nach vorn (Unterschied zu Graureiher!). Die Geschlechter sind nur sehr schwer zu unterscheiden: der Schnabel des Männchens ist meist etwas länger und stärker. Jungvögel sind nach dem Ausfliegen nur während der ersten Wochen noch durch ihren schwärzlichen Schnabel von den Altvögeln zu unterscheiden.
Alter: Ältester Ringfund 35 Jahre. Durchschnittsalter 8-10 Jahre.
Stimme:
Charakteristisch ist das Klappern, mit dem die Störche sich gegenseitig begrüßen und Feinde vom Nest fernhalten. Häufig wird das Klappern von einer Art Fauchen begleitet. Ansonsten sind keine Lautäußerungen bekannt.
Verhalten:
Störche im Segelflug haben eine Flügelspannweite bis zu 2,20 Meter© Rene Kleingünther
Tagaktiv. Segelt nach Möglichkeit, der Ruderflug ist eher schwerfällig, Nahrungserwerb im Gehen.
Nistplatztreue. Das Männchen trifft meistens vor dem Weibchen ein und besetzt möglichst das Nest vom Vorjahr. Dabei kann es zu heftigen Kämpfen mit Rivalen um das Nest kommen.
Lebensraum und Nahrung
Der Weißstorch hat einen Regenwurm erbeutet© H.-J. SchaffhäuserDer Weißstorch lebt in offenen Landschaften wie Feuchtgrünland, Flussniederungen mit periodischen Überschwemmungen sowie extensiv genutzten Wiesen und Weiden. In Südeuropa und Nordafrika kommt er auch in Trockengebieten vor.
Ein Altstorch benötigt etwa 700g Futter, während die Jungstörche sogar bis zu 1500g zu sich nehmen.
Seine Beutetiere sammelt der Storch beim Überschreiten der Wiese, beim Durchwaten von Gräben oder lauernderweise vor Mäuse- oder Maulwurfslöchern. Die Beute wird mit der Schnabelspitze ergriffen, hochgeworfen und nach dem Auffangen verschluckt.
Eine wichtige Nahrungsquelle für den Storch stellen neben Regenwürmern, mit denen hauptsächlich die Jungstörche gefüttert werden, auch Heuschrecken, Frösche und insbesondere Mäuse dar.
Fortpflanzung
Zur Begrüßung klappern die Störche© H.-J. SchaffhäuserDer Weißstorch brütet auf Hausdächern, Türmen, Strommasten oder Bäumen sowie ganz selten auch am Boden (in Balje 1970 und 1971). Gern nimmt er auch künstliche Nestunterlagen an. Ihre Treue gilt nicht unbedingt dem Partner, der, wenn er ausbleibt, durchaus durch einen neuen ersetzt werden kann. Sie führen eine Saisonehe. Unerwünschte Rivalen, die sich ins gemachte Nest setzen wollen, werden mit heftigem Klappern und Fauchen vertrieben. Nicht selten enden solche Nestrivalitäten in heftigen, teilweise blutigen Kämpfen, bei denen manchmal sogar ein Storch seinen Kampfverletzungen erliegt.
Sobald beide Altstörche angekommen sind, erfolgt die Paarung. Die Brutzeit für die Jahresbrut beginnt im März und endet Anfang August. Das Gelege mit 3-5 (7) Eiern wird von beiden Partnern 32 bis 33 Tage bebrütet.
Anfangs werden die Nestlinge von den Altvögeln gehudert, indem sie wärmend über ihnen liegen.
Nach dem Schlüpfen müssen die Nestlinge weiter warm gehalten werden, da ihr Federkleid noch nicht vollständig ausgebildet ist. Daher sind sie auch sehr empfindlich gegen längere Regen- und Kälteperioden. Ein Elternteil übernimmt die Nahrungssuche, während der Partner am Nest verweilt, um die Jungen zu wärmen und gegen Greifvögel, Krähen oder auch vagabundierende Artgenossen zu beschützen. Der Altvogel steht bei starker Sonneneinstrahlung zwischen den Küken und der Sonne, um die nicht vollständig befiederten Jungen vor zu intensiver Bestrahlung zu schützen. Nach etwa 2 Monaten verlassen die Jungvögel das Nest.
Gefahren
Müll
Der Storchenbetreuer Gert Dahms befreit einen Jungstorch, der mit Plastikschnüren am Nest gefangen war© H.-J. SchaffhäuserPlastikabfälle, Schnüre und Bänder werden oft als Nistmaterial in die Nester eingebaut. Plastikabfälle führen zu einer Verdichtung des Nestes, die den Abfluss des Regenwassers behindert. Dadurch bleiben die Jungen nach Regenfällen zu lange der Feuchtigkeit ausgesetzt und können an Unterkühlung sterben.
Außerdem haben sich schon häufiger Jungvögel mit den Beinen an den Bändern und Schnüren stranguliert, wodurch das Ausfliegen ohne menschliche Hilfe unmöglich war.
Witterung
Bis Anfang Juni können viele Jungstörche nass-kaltem Wetter zum Opfer fallen. Ihre starke Witterungsempfindlichkeit resultiert daher, dass sie noch keinen Schutz vor Nässe und Kälte durch ein vollständiges Federkleid haben. Besitzt das Nest keine gute Drainage, verwandelt sich das ausgepolsterte Nest in einen Morast. Betteln die Jungvögel mit nachlassender Kraft immer weniger, verlassen die Altvögel das Nest. Einzelne tote Junge werden aus dem Nest geworfen.
Futtermangel
Bei Futtermangel in den Brutgebieten können die Störche nicht so viele Junge großziehen. Hier wirken sich zum Beispiel die Trockenlegung von Feuchtgebieten, die Umstellung von extensiver auf intensive Bewirtschaftung oder die verbreitete Umstellung auf Maisanbau für Biogasanlagen aus.
Besonders katastrophal haben sich aber Dürreperioden und Überweidung in den Überwinterungsgebieten auf die Westzieher ausgewirkt. Weite Teile der Sahelzone wurden verwüstet. Mit dem Verschwinden der Vegetation verschwanden auch die für den Storch wichtigen Nahrungstiere. Dadurch kam es zu höheren Verlusten bei der Überwinterung. Die geschwächten Tiere kamen außerdem verspätet in die Brutgebiete und konnten nur mit geringerem Erfolg brüten.
Elektrische Leitungen
Die Vielzahl an elektrischen Freileitungen stellt für große Vögel wie den Storch eine tödliche Gefahr dar. Der Tod durch den elektrischen Strom ist die häufigste direkte Todesursache für den Weißstorch in Deutschland. Die Störche stoßen wegen ihrer großen Spannweite leicht gegen die Drähte oder berühren diese mit den Flügeln bei der Rast auf dem Mast. Sie sterben durch einen elektrischen Schlag. Hier helfen nur verbesserte Mastkonstruktionen oder eine Verlegung der Stromleitungen unter die Erde.
Ringe
Früher wurden, um mehr über das Zugverhalten der Vögel zu erfahren, viele Jungstörche mit breiten Aluminiumringen beringt. Wenn sie sich dann zur Kühlung auf die Beine koteten, die weiße Schicht bewirkt eine bessere Reflexion der Sonnenstrahlung, kann es passieren, dass die Harnsäure zwischen Ring und Bein auskristallisiert. Sie bildet dann eine steinharte Manschette und schnürt die Durchblutung des Beines ab. Heute verwendet man Kunststoffringe, die den Nachteil nicht haben sollen.
Bejagung
In den Winterquartieren oder in Gegenden in denen sie rasten werden die Störche oft bejagt. Besonders in Gebieten in denen die Menschen Hunger leiden wird der Storch auch als Fleischlieferant betrachtet.
Zugverhalten
Störche sammeln sich zum Abflug gen Süden© H.-J. SchaffhäuserIm August, wenn die Jungen ihr Trainingsprogramm durch längere Flugphasen vorangetrieben haben, beginnt das Zuggeschehen. Die Jungvögel verlassen als erste das Brutgebiet. Ihre Flüge werden länger, sie sammeln sich in immer größeren Gruppen, bis sie dann in Richtung ihrer Winterquartiere verschwunden sind. Der Zuginstinkt ist ihnen angeboren. Erst nach zwei bis drei Jahren kehrt maximal jeder Zehnte von ihnen zum Brüten zurück. Die Sterblichkeitsrate in den ersten Jahren ist sehr groß.
Spätestens im September folgen ihnen die Altstörche auf der teilweise sehr langen, strapaziösen und gefährlichen Reise, die nötig wird, weil das Futterangebot im Winter zu knapp ist. Der Schnee und die niedrigen Temperaturen spielen für die Störche nur eine untergeordnete Rolle. Für die Mehrzahl der Störche führt die Reise über 10.000 km bis nach Südafrika. Da über dem Meer die für die Störche wichtige Thermik fehlt, können sie nicht über das Mittelmeer in Richtung Süden fliegen, sondern müssen über Gibraltar oder den Bosporus ausweichen. Daher wird zwischen West- und Ostziehern unterschieden.
Die Störche aus Westeuropa, Spanien, Frankreich, Portugal, Schweiz und Süddeutschland nehmen zumeist die westliche Route. Sie ziehen über Spanien, Gibraltar und die Sahara und verbringen den Winter zwischen Senegal und dem Tschad. Die Zugscheide, die gedachte Trennlinie, zieht sich etwa von Holland über den Harz bis zu den Alpen hin.
Ein Großteil der Störche zieht entlang der Ostroute. Sie nehmen den Weg über den Bosporus, Israel und die Straße von Suez und erreichen nach einer Rast im Sudan ihre Winterquartiere in Ost- und Südafrika.
Die Störche im Landkreis Stade sind sowohl West- als auch Ostzieher. Die Wiederfunde der im Landkreis beringten Jungstörche im Zeitraum von 1962 bis 1982 belegen die beiden Zugrouten. Im Geoportal sind auf Karte 3 die Wiederfunde dargestellt.
Neuerdings gibt es auch viele Störche die in Spanien überwintern. Dadurch verkürzt sich die Zugstrecke von max. 10.000 km auf ca. 3.000 km und die Störche kehren bereits im Februar in ihre Brutgebiete zurück.
Seit 2021 nistet ein besonderer Storch im Landkreis Stade, der als Nestling 2017 in der Schweiz im Kanton Jura besendert wurde. Die Mitarbeiter des Satellitentelemetrie-Projekts „SOS Storch“ benannten den Weißstorch nach seinem Geburtsort Porrentruy.
Die täglichen und bisherigen Bewegungen und Zugrouten dieses Storches können auf einer Landkarte im Internet verfolgt werden unter SOS Storch – Porrentruy.
Alle aktuellen Storchennester
Ein Altstorch füttert sein Junges© H.-J. SchaffhäuserDie aktuellen Brutstandorte sind auf der Übersichtskarte im Geoportal zu finden. Zusätzlich sind zu jedem Standort (in alphabetischer Reihenfolge) Informationen, Besonderheiten und Fotos zusammengetragen worden.
2023 waren 86 Storchennester besetzt, so viele, wie zuletzt in den 1960er Jahren erfasst wurden.
© Landkreis Stade
Storchennest in Ahlerstedt - Bockholt
Storchennest in Ahlerstedt - Oersdorf
Storchennest in Balje - Breitendeich
Storchennest in Balje beim Natureum
Storchennest in Blumenthal Ost
Storchennest in Blumenthal West
Storchennest in Brobergen - Berg
Storchennest in Brobergen - Hüttenberg
Storchennest in Brobergen - Neern in Dörp
Storchennest in Buxtehude - Dammhausen
Storchennest in Buxtehude - Dammhausen / Poggenpohl
Storchennest in Drochtersen - Asselermoor
Storchennest in Drochtersen - Barnkrug
Storchennest in Drochtersen - Buschhörne
Storchennest in Drochtersen - Dornbusch
Storchennest in Drochtersen - Drochtersermoor
Storchennest in Drochtersen - Gauensiek
Storchennest in Drochtersen - Gauensiekermoor
Storchennest in Drochtersen - Gauensiekersand
Storchennest in Drochtersen - Krautsand
Storchennest in Drochtersen - Ritsch
Storchennest in Engelschoff - Burgstieg
Storchennest in Engelschoff - Burg, Mühlenmoor
Storchennest in Engelschoff - Dorfstraße
Storchennest in Engelschoff - Hammahermoor
Storchennest in Engelschoff - Kampweg
Storchennest in Engelschoff - Neuland, Am Deich
Storchennest in Engelschoff - Neuland, Am Moor
Storchennest in Engelschoff - Neuland, Hauptstraße
Storchennest in Engelschoff - Neuland, Im Wiesengrund
Storchennest in Estorf - Am Brink
Storchennest in Gräpel-Ostestraße
Storchennest in Gräpel-Schönau
Storchennest in Großenwörden - Am Glind
Storchennest in Großenwörden - Dorfstraße
Storchennest in Großenwörden - Im Strich / Im Ostebogen
Storchennest in Großenwörden - Im Strich
Storchennest in Groß Sterneberg
Storchennest in Harsefeld - Gierenberg
Storchennest in Harsefeld - Hollenbeck
Storchennest in Harsefeld - Im Sande
Storchennest in Harsefeld - Ruschwedel
Storchennest in Harsefeld - Weißenfelde
Storchennest in Heinbockel - Himmelpfortener Weg
Storchennest in Heinbockel - Kötnerende
Storchennest in Horneburg - Bullenbruch
Storchennest in Horneburg - Schloss
Storchennest in Hüll - Großenwördener Straße
Storchennest in Hüll - Neustadt
Storchennest in Hüll - Niederhüll
Storchennest in Hüll - Rönndeich
Storchennest in Jork - Moorende
Storchennest in Kutenholz Aspe
Storchennest in Kutenholz - Lange Straße
Storchennest in Mulsum - Im Heisterbusch
Storchennest in Mulsum - Mulsumer Berg
Storchennest in Mulsum - Rosenstraße
Storchennest in Mulsum - Rübenkamp
Storchennest in Mulsum - Schwinger Steindamm
Storchennest in Mulsum - Zur Loge - Nord
Storchennest in Mulsum - Zur Loge - Süd
Storchennest in Oldendorf - Am Weißenmoor
Storchennest in Oldendorf - Kornblumenweg
Storchennest in Oldendorf - Timmerlade (Ostseite)
Storchennest in Oldendorf - Timmerlade (Westseite)
Storchennest in Stade - Am Hohenwedel
Storchennest in Stade - Bützfleth-Fleth
Storchennest in Stade - Dubbenweg
Storchennest in Stade - Götzdorf
Storchennest in Stade - Stadermoor
Storchennest in Stade - Wiepenkathen